Dienstag, 19. November 2013

"Don`t eat the fu**ing candy" und andere weise Ratschläge

Habt ihr zufällig den Film "Hänsel und Gretel- Hexenjäger" gesehen? Genialer Film, hab ich kürzlich mit einem Freund, ebenfalls Typ 1er, an nem DVD Abend angeschaut. Ich war vor allem neugierig auf den Streifen, weil ich wusste, dass dort auch irgendwie Diabetes eine Rolle spielt;).

Naja die Story im Bezug darauf ist so simpel wie logisch ;): Jeder kennt ja das Märchen, Hänsel wird von der Hexe mit Süßigkeiten gemästet und hinterher verbrennen die Geschwister die böse Hexe.
Im Film sind die beiden jetzt erwachsen und machen professionell jagt auf die fiesen Waldbewohnerinnen. Hänsel hat durch die Zwangsernährung mit Süßigkeiten aber leider Diabetes bekommen und trägt nun eine Uhr, gibt diese Alarm, muss er sich innerhalb von Sekunden eine riesige Metallspritze in den Oberschenkelmuskel rammen sonst liegt er direkt bewegungsunfähig am Boden. Alles logisch soweit.

Nicht. Dass das alles natürlich irgendwie völlig überzogen und unrealistisch ist, wird jedem auffallen, der sich schonmal mit dem Thema Diabetes auseinander gesetzt hat. Aber mir hat der Film gerade deshalb sehr viel Spaß gemacht.

Allerdings musste ich gestern Abend an diese Szenen denken. Ich war auf der Arbeit und hatte gerade mein Abendbrot vor mit stehen und hatte meinen Blutzucker gemessen (151mg/dl, naja noch okay) und wollte grad meine Pumpi mit den nötigen Daten füttern um mir nen Bolus vorschlagen zu lassen, als ich aus dem Augenwinkel mitbekomme, dass ich wohl die Aufmerksamkeit des Kollegen geweckt hatte.
Okay, kennt man ja, jemand kriegt mit wie ich mit Messgerät und Co hantiere und bringt dass dann ganz richtig in Verbindung mit Diabetes. In der Regel folgen dann zwei, drei Fragen und fertig. Schließlich ist Diabetes entweder für die meisten kein großes Thema oder sie wissen eh schon grundlegende Dinge und interessieren sich nur kurz, wie ich das so mache.

Die folgende Diskussion hat mich dann doch überrascht:)

Kollege: "Ach ja, du bist ja zuckerkrank."
Ich: "Jep".
Kollege: "Stimmt hatten wir ja schon mal drüber gesprochen. Ach je, also ich krieg das bestimmt auch bald, bei dem Zeug was ich hier immer so esse." Deutet auf ne Tüte Chips und Kekse vor sich auf dem Tisch
Ich: "Naja, du kriegst aber keinen Diabetes alleine davon dass du viele Süßigkeiten ist..."
Kollege: "Was, nicht? Ach, und ich dachte immer, dass wäre der Grund dafür! Na, dann bin ich ja beruhigt. Woher bekommt man das dann?"
Ich: "....bla bla bla..." (kurze Erklärung zum Thema Autoimmunreaktionen und Exkursion zum Thema Typ 2 Diabetes
Kollege: "Ach ja, gut aber so alt und so dick bin ich ja noch nicht. Und" (deutet auf mein Essen und meine Pumpe "jetzt spritzt du dir Zucker?"
Ich: (Mittlerweile hungrig, aber scheinbar wird dass sich noch eine Weile hinauszögern) "Nein, da ist Insulin drin, bla bla bla..." (Erklärung über die Schlüsselfunktion von Insulin auf die Körperzellen und den unterschied von Unterzucker und Hyperglykämie, da der Kollege wirklich interessiert wirkte und ständig neue Fragen fand.
Nach ca 45 Minuten konnte ich endlich essen (hatte den Bolus zum Glück noch nicht abgegeben;)).
Zehn Minuten später kommt noch eine Kollegin dazu.
Kollege: (An die Kollegin) "Boar, voll das Glück, ich krieg keinen Diabetes, und dass obwohl ich immer nur Süßigkeiten esse..."
Ich: .... -.- ....

Das war der Moment in dem ich das Gefühl hatte, meiner Pflicht zur Aufklärung meiner Mitmenschen genüge getan zu haben und das einfach mal nicht mehr kommentiert habe. Ich weiß ja dass das ganze Thema für "Unbeteiligte" sehr komplex ist, aber eigentlich hatte ich immer den Eindruck, dass Diabetes mittlerweile in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Eigentlich fand ich das sogar recht nervig. Als ich klein war, waren immer alle schockiert: "WAS? Ein KIND mit Diabetes? Nein, dass es sowas gibt, ich dachte immer nur, das hätten nur alte Leute..." Heutzutage hat eigentlich jeder eine Schwester, Bruder, Nichte, Tante, etc. die auch Diabetes hat. Und dann wird mit Halbwissen um sich geschmissen und gute Ratschläge erteilt. Naja dann fand ich es leichter, die Leute mit der Krankheit zu "erschrecken" ;)

Noch eine schöne Anekdote:
Ich, bei meiner Kontrolle beim Augenarzt. Neue Praxis, unbekannte Ärztin. Die war soweit ganz nett, ich musste ein paar Buchstaben lesen un okay. Dann die obligatorischen Fragen:
"Sie sind also Typ 1 Diabetikerin?"
"Ja, seit 18 Jahren"
"Und wie ist der HbA1c?"
"8,3 war der letzte"
"Uuh, der ist aber schlecht." Kurze Pause und dann kam der Hammer: "Naja, dann nehmen sie mal ein bisschen ab, und dann erledigt sich das mit den hohen Werten auch"


Ach, einfach nur abnehmen und dann hat sich das mit den hohen Werten???

Noch Fragen? :)

Sonntag, 17. November 2013

Alles auf Anfang

So, nachdem ich mich jetzt hier lange lange Zeit nicht mehr hab blicken lassen folgt nun ein kurzes Update der letzten Wochen.

Wie ich ja geschrieben hatte, war ich 2 Wochen in Bad Mergentheim in der Diabetesklinik.
Kurz gesagt: Es war super! Super krass, super spannend, super gut, super hart und vor allem super lehrreich!

Ich hab echt eine Menge gelernt, wobei ich viele der Dinge schon mal wusste und im laufe der Jahre einfach von der Festplatte gelöscht hatte. Auf einmal musste ich wieder rechnen, KE`s (Jep, Umstieg von BE auf KE, war aber nicht so schlimm), Korrekturfaktoren (auf einmal gibt`s 4 verschiedene!), Minus- Korrektur (wusste gar nicht das es sowas gibt-.-) und und und.

Ich hab wirklich einige tolle Leute kennengelernt und dennoch genug Zeit gehabt, über mich und meinen Diabetes nachzudenken. Zum Beispiel ist mir aufgegangen, dass ich seit Jahren mein Essen nur noch so grob geschätzt habe (was aber scheinbar trotzdem noch so einigermaßen geklappt hat, sooo schlecht waren meine Werte bei nem HbA1c von 8,3 ja auch nicht..) dass ich überhaupt nicht weiß, wie viel Gramm wieviel KE sind!

Jetzt zu Hause besitze ich wieder eine Waage, nachdem ich meine Pumpe damals bekommen habe, ist das alte Teil bei meinen Eltern im Küchenschrank verschwunden. Jetzt hab ich mir eine schicke neue gegönnt und wiege fleißig mein Essen um überhaupt mal wieder ein Gefühl dafür zu bekommen. Klappt auch gut solange ich zu Hause esse, leider sind die Werte beim Auswärtsessen häufig eine Katastrophe. Aber naja, Übung macht bekanntlich den Meister.

Nach 18 Jahren Diabetes war ich echt in dem Glauben, dass ich Ahnung habe von der ganzen Materie, aber momentan habe ich eher dass Gefühl als wäre ich ein Frischling und muss ständig nachgucken und mühsam nachrechnen. Ich bin leider kein großer Crack was Kopfrechnen angeht, aus diesem Grund sind meine wichtigen Hilfen zur Zeit die Taschenrechner- App und der Bolusrechner;)

Und jetzt das Beste: Ich führe tatsächlich wieder TAGEBUCH! Und habe dabei zum ersten Mal im Leben das Gefühl, dass ich davon auch was habe! Ich finde es richtig spannend zu sehen, wie mein Blutzucker auf welche Ereignisse reagiert...

Hab extra mal einen guten Tag fürs Foto ausgewählt;)

Kurz um, es geht mir momentan richtig gut und ich bin mit vollem Elan dabei. Sehnsüchtig erwarte ich allerdings den nächsten Termin beim Diabetologen, den hab ich extra so gelegt, dass ich volle 3 Monate seit dem Klinikaufenthalt habe und somit einen ganz "neuen" Wert bekomme. Ich mache mir ja schon Hoffnungen, also eine 7 muss und wird wohl vor dem Komma sein, aber der Rest wird spannend. Kleiner als 7,5 wäre genial, sowas hatte ich lange nicht mehr. Aber ich möchte meine Hoffnungen eigentlich nicht zu hoch stecken, weil ich Angst habe enttäuscht zu werden. Aber selbst wenn aus unerklärlichen Gründen der HbA1c nicht besser sein sollte, ich merke einfach wie viel besser es mir körperlich und psychisch geht.
Und dass ist mir mehr wert als jeder Laborwert!